Jana's Kolumne - Inside Racing Bericht

Auch in der Rennsaison 2009 war Jana Meiswinkel zusammen mit dem Team ATM Motorsport in der Grünen Hölle unterwegs, um die wohl bekannteste Rennstrecke der Welt mit ihrem Ford Fiesta ST (#400) in der VLN Langstreckenmeisterschaft unter die Räder zu nehmen. Dabei erlebte sie nicht nur Höhen, sondern leider auch einige Tiefen. Exklusiv für Inside-Racing lässt sie das hinter ihr liegende Rennjahr nochmals Revue passieren.

Es hätte alles so schön werden können…

Ja, was denn eigentlich? Spaß hatten wir doch eine ganze  Menge in Box 7, eine richtig gut eingespielte Truppe sind wir, jeder hilft jedem. Nicht nur bei technischen Schwierigkeiten, auch, wenn mal die Kaffeemaschine kaputt geht oder ein Mechaniker mit Brandblasen und schmerzverzerrtem Gesicht durch die Box läuft, man kann sich auf die Mit“boxler“ verlassen. Und eben das macht es aus, die große VLN-Familie, wie sie immer genannt wird. Und genau deshalb freuen wir uns auch schon nach einem Rennen darauf, nicht mal 2 Wochen später wieder zum Motorsport-Mekka Nürburgring zu reisen und dort unsere 2. Heimat einzurichten.

Doch das ist eben nicht alles, leider! Denn jeder, der irgendeinen Sport betreibt, wird wissen, dass nichts versöhnlicher ist, als der gewünschte Erfolg. Die Messlatte kann man hier ja beliebig hoch setzen, setzt man sie zu hoch, wird man permanent enttäuscht, weil man nie das erreichen wird, was man sich vorgenommen hat.

Als Jutta Beisiegel und ich Anfang dieser Saison in unser drittes gemeinsames Jahr auf der Nordschleife starteten, waren wir sehr optimistisch, steckten unsere Ziele aber dennoch realistisch ab. Das dachten wir jedenfalls. Immerhin hatten wir in den vergangenen zwei Jahren einiges an Erfahrung auf unserer „Olga“ sammeln können und haben gezeigt, dass wir unser pinkes Hibiskusmobil richtig schnell durch die Grüne Hölle jagen können. Unser in der Winterpause 2007/2008 entwickeltes Konzept ging auf: FRAUENPOWER! Durch unser einzigartiges Blümchendesign wurden wir schnell bekannt bei Teams und Zuschauern, aus einigen wurden sogar echte Fans, die uns mit allen Mitteln anfeuerten und jede Runde verfolgten.

Bei einigen Konkurrenten kam das ganze pinke Blümchen“gehabe“ wohl nicht so gut an, schließlich musste man sich eingestehen, offensichtlicher Weise gerade von einer Frau nass gemacht worden zu sein. Und das auf der schwierigsten, anspruchsvollsten, gefährlichsten… Rennstrecke der Welt. Das verkraftet scheinbar nicht jedes männliche Ego. Oft wurde man belächelt, wenn man im Rennanzug durch’s Fahrerlager lief, aber Jungs, ich sag euch eins: Eure Freundinnen stehen total auf dieses Auto!

Es gibt auch andere Fälle von Männern: rundenlange, ernsthafte, aber faire Nahkampf-Aktionen in allen Streckenabschnitten, ein ständiges Hin und Her, das macht wirklich viel Spaß, auch wenn es ab und an etwas Zeit kostet, aber das muss es einem wert sein, das gehört dazu. Erst dann kommt das richtige Rennfeeling auf. Ich weiß nicht, wie oft in meinem Leben ich schon von Rolf Derscheid und Co. überholt wurde und im Gegenzug keine halbe Runde später dieses Auto wieder überholt habe, auch in der Startaufstellung trifft man um sich herum immer wieder die üblichen Verdächtigen. Aber nach einer Weile kennt man sich, man weiß, wie weit man bei dem einen gehen kann und wie weit auch eben nicht! Jutta und ich haben immer gewitzelt, dass wir gewiss eines Morgens in die Box kommen und unser geliebter FRAUENPOWER-Aufkleber von der Heckscheibe verschwunden ist, weil irgendjemand ihn nicht mehr sehen konnte. Bei den Gedanken an dieses Auto gerät man schon mal ins Schwärmen, denn wir hatten wirklich eine gute Zeit.

Gute Zeiten hatten wir auch auf der Strecke, wir waren so schnell unterwegs mit unserem FoFi, wie noch nie zuvor und konnten kontinuierlich unsere Zeiten verbessern. Die Konkurrenz in der SP2 war zwar teilweise nur recht wenig vertreten, dafür aber umso stärker. Der Kissling-Corsa und auch der Fiesta vom Team Lauderbach zeigte uns, wo der Eifelhase lief. Dennoch hatten wir große Motivation, die Jungs zu schlagen. Unsere Motivation wurde leider nicht immer belohnt. So kam es im Laufe der Saison zu mehreren wirklich bitteren technischen Defekten. Wenn in der letzten Runde das Getriebe oder die Antriebswelle schlapp macht, dann tut das verdammt weh. Du fährst 4 Stunden lang wie um dein Leben, hast Situationen überwunden, in denen das Auto schon fast verloren war, und dann so etwas. So lange das nur einmal passiert, ist das ärgerlich und teuer, aber zu verkraften. Kommt es öfter vor, zweifelt man an sich selbst. Wir Damen haben unsere Power nie verloren, bis zu einem gewissen Punkt, der Totpunkt unserer Olga. Und damit auch das Ende der FRAUENPOWER-Ära.

Es war das 6 Stunden Rennen, bis zur letzten Runde war alles ganz gut gelaufen, wir 3, Jutta, Ernst und ich hatten bis zu diesem Moment eine Menge Spaß unterwegs. Spaß hat man mit unserem Frontkratzer sowieso immer, meine Lieblingspassage ist vor allem ab Hohe Acht bis Brünnchen. Erstens ist man da nicht so alleine im Wald unterwegs und zweitens macht es einfach unglaublich viel Spaß, den leicht untermotorisierten Kleinwagen um die Ecken zu quälen, die Reifen quietschen zu lassen und in den Gängen wild hoch und runter zu schalten, bis der Fiesta die Rückmeldung gibt: So Fräulein Meiswinkel, ab jetzt müssen wir uns ein wenig zügeln, Potential ausgeschöpft.

Wenn man sich daran hält, ist alles in trockenen Tüchern, tut man es nicht, wird man meist direkt bestraft mit einem heftigen Quersteher. Aber dieser Streckenabschnitt gehört auch zu denen, wo man locker mit den „Großen“ mithalten kann, auch die können hier nicht schneller als schnell. Und einen dicken BMW oder Mercedes oder Porsche oder Opel durch die Kurven vor sich herzutreiben, das muss auch mal sein. Geradeaus kann ja jeder schnell.

In der letzten Runde des 6 Stunden Rennens konnten wir leider weder geradeaus noch durch irgendeine Kurve schnell, denn unser Getriebe hatte seinen Dienst quittiert, Jutta wollte das Auto nur noch ins Ziel bringen, da passierte es. Auf der Kuppe am Schwedenkreuz auf Anfahrt Aremberg wurde unsere Olga berührt von einem Mitstreiter und schlug heftig in die Planken ein. Jutta blieb glücklicherweise unverletzt, unsere Olga rang ums Leben und verlor letztendlich den Kampf in der heimischen Garage.

Damit war unser Projekt auch gestorben. Und dann steht man erstmal da. Es war für uns alle eine Art Lebensphilosophie geworden, man hatte sich mit der Zeit den nötigen Respekt verschaffen können, man wurde ernst genommen und man konnte den einen oder anderen Erfolg erzielen.

Jetzt fängt man quasi wieder bei Null an. Und vor allem fragt man sich erstmal: Wofür macht man das eigentlich alles? Lohnt es sich, Unsummen an Geld in einen Haufen Blech zu stecken, damit stundenlang im Kreis zu fahren, als Team genauso lange bei miserablen Wetterbedingungen an der Boxenmauer zu stehen, um am Ende doch wieder in den Arsch gekniffen zu werden?
Der gesunde Menschenverstand sagt definitiv NEIN, das Motorsportlerherz sagt: JA! JA! JA!

Durch eben dieses Motorsportlerherz, welches bei uns allen reichlich ausgeprägt vorhanden ist, kam es dann auch bei uns dazu, dass ein neuer FoFi aufgebaut werden musste, unsere geliebte und allseits bekannte Olga wurde also Geschichte. Das grüne „Sternschnüppchen“ war nach langer Designberatung geboren. Ich muss zugeben, ich habe mich immer noch nicht daran gewöhnt, an Start und Ziel nicht mehr auf ein pinkes Auto zu warten. Es kann durchaus passieren, dass unser Flitzer an mir vorbeifährt, ohne, dass ich es mitbekomme! Und das liegt vermutlich nicht an dem an Schallgeschwindigkeit grenzenden Speed, den wir an dieser Stelle erreichen. Ok, wir haben bislang nur positive Resonanz bekommen, das Auto scheint zu gefallen. Aber mir kommt es vor, als sei das besondere Feeling, was ich immer mit Olga hatte, irgendwo zwischen Schwedenkreuz und Aremberg verloren gegangen.

Für den Rest der Saison sollte dann also Ernst Berg alias Ernest Mountain mein Teamkollege werden. Da er wirklich ein sehr zuverlässiger und vor allem schneller Fahrer ist, freute ich mich auf die Rennen mit ihm. Sternschnüppchen hat auch wirklich alles gegeben, wir konnten an die guten Zeiten von Anfang der Saison anknüpfen und sogar noch ausbauen, an der Zuverlässigkeit unserer Antriebswellen gibt es allerdings noch einiges an Arbeit. Wenn dir bei voller Beschleunigung aus der Kurzanbindung plötzlich die Antriebswelle fliegen geht, dann macht das gaaaanz schlimme Geräusche und Gefühle im Lenkrad und du hoffst nur noch, irgendwie bis in die Box fahren zu können, damit die Jungs in Wartestellung endlich nochmal zeigen können, was sie drauf haben. Immerhin sind sie jetzt trainiert, was solche Fälle angeht, 8 Minuten für einen Antriebswellenwechsel mit Boxenein- und –ausfahrt, das bedarf einiges an Übung… davon hatten wir reichlich.

Es hätte einfach alles so schön werden können, wenn die Technik uns nicht ständig einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte, denn wir haben gezeigt, egal ob mit 100% oder „nur“ ½ FRAUENPOWER, dass wir auf der Nordschleife zu Hause sind, ernst zu nehmende Konkurrenz sind und nicht so schnell aufgeben. Und laut eigener Aussage haben wir den Fans eine gute Performance und vor allem gute Unterhaltung mit unseren Sprüchen auf der Tür geboten.

Leider hat sich bisher noch niemand wegen der entlaufenen Katze gemeldet, und scheinbar will auch niemand den Chinchilla haben, den wir loswerden wollten.

In diesem Sinne wünsche ich euch allen eine entspannte Winterpause, in der ihr jede Menge Energie für eine hoffentlich erfolgreiche, spannende, aber bestimmt auch nervenaufreibende Saison 2010 sammeln könnt! Und für alle überehrgeizigen Teams wünsche ich mir, dass sie lernen, auch mal das Messer zwischen den Zähnen abzulegen. Denn der Spaß an der ganzen Sache darf vor lauter Ehrgeiz nie verloren gehen…

Text: Jana Meiswinkel
Fotos: Oliver Wegen + Ernst Berg

ATM Motorsport Marketing



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